… oder zumindest aussprechen, was man selbst nicht auszusprechen in der Lage ist.
Heute mal ein etwas anderer Blogbeitrag.
Ich habe Depressionen.
Das ist hinlänglich bekannt, aber auf der anderen Seite auch total unbekannt. Denn viele Menschen wissen gar nicht wirklich, was das bedeutet. Ich will´s auch gar nicht über-dramatisieren, ich muss ja, allen voran, erstmal bestenfalls mit mir und den Umständen selbst klarkommen.
Und dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Ignorieren ist recht geläufig und bekannt, ist aber ziemlich dumm.
In 2025 haben wir alle, soziokulturell und medizinisch-psychologisch, die Möglichkeiten, die Krankheit Depressionen anzugehen.
Und das war und ist der Weg, den ich gewählt habe bzw. wählen musste. Und den ich empfehle.
Es ging nicht mehr, an einigen Stellen der letzten Jahre ging es nicht mehr.
Ich bin selbst ins Krankenhaus, in eine Psychiatrie gegangen. Ich habe mir immer wieder selbst Hilfe in Form von Therapeut*innen gesucht.
Glaubt mir: Ist nicht geil.
Es ist nicht geil zu merken: Ich kann nicht mehr. In meinem Kopf ist ein Wirbelsturm und alles, was ich im Alltag fühle, gleicht einem Wirbelsturm.
Bei mir ist es so.
Kein Gedanke ist klar. Es ist, als hätte ich 37 Tabs offen. Dazu empfinde ich 37 verschiedene Gefühle. Alles, von „Ich bring´ mich um!“ bis hin zu „Ich bin der geilste!“ und alles dazwischen. Ich liebe mich, ich hasse mich, ich liebe andere Menschen, ich hasse andere Menschen, ich suche Nähe, ich stoße ab.
Alles auf einmal. Zeitgleich.
Ich wiederhole mich, aber glaubt mir: Ist nicht geil.
Und dann gibt es Lieder, die vertonen, wie ich mich fühle.
Natürlich ist das subjektiv.
Aber… hört selbst:
And nothing matters but the pain when you’re alone
The never-ending nights when you’re awake
When you’re praying that tomorrow it’s ok
There will be a time to crack another smile
Maybe not today or for awhile
But we’re holding on to laugh again someday
To laugh again someday
Ich fühle mich durch so einen Text verstanden. „Ja, es wird irgendwann bestimmt wieder besser – aber jetzt gerade ist es das nicht!“ und das ist wertvoll!
Es ist wertvoll, depressive Menschen ernst zu nehmen! Nicht zu sagen: „Geh´ doch mal wieder raus!“ oder „Mach doch was, das Dir gut tut!“. Beides geht manchmal einfach nicht. Selbst das einfache vor-die-Tür-gehen geht nicht, man hat die Kraft dazu nicht! Und man hat auch keine Lust, irgendwas zu tun – selbst die Dinge, die einem mal Freude MACHTEN gehen nicht.
Versteht das bitte.
Es wird wieder besser. Aber nicht heute. Und auch nicht morgen.
Lock yourself away
From anybody
A lot of time by myself
For myself
…
Don’t give them
No second chance
It will never change
Not a chance in Hell
Ich möchte und muss nicht jede Zeile erklären. Aber diese tiefe Trauer in diesem Lied reißt mich jedes Mal wieder rein.
Und von Zeit zu Zeit fühle ich mich so, als müsste ich mich einschließen. Weg von allen Menschen, die mir weh getan haben oder weh tun.
Und davon gibt es genug.
Ihr wisst, wer ihr seid.
(Bitte guckt Euch dieses Video an – DAS ist ein Konzert! Und NUR das!)
I wish I could say
Something sane to wash away
And annihilate the trauma that we save
It might just take just one
Reason inside to carry on
Or something sharp to cut these trauma bonds.
Ja, ich wünschte auch, ich hätte irgendwas, dass das Trauma wegwischt oder wegschneidet. Oder irgendwas einfach schlichtweg besser macht!
Ich hätte gerne ein sorgenfreies Leben. Emotional-sorgenfrei! Alles andere hab´ ich, um alles andere kann ich mich selbst kümmern!
Aber ich hätte gerne Menschen in meinem Leben, die mich nicht verlassen, hintergehen, verletzen oder dergleichen!
Und ja, ich hasse die, die es getan haben! Hasse! Und bitte spart Euch dieses „Hass ist stärker als Liebe!“ oder „Hass bringt Dir keinen Frieden!“ oder so´n Müll!
Ich möchte nicht gnädig auf diese Menschen schauen, die mir das angetan haben!
Ich möchte nicht verzeihen.
Ich wünsche mir, dass Ihnen das Gleiche passiert wie mir. 100%.
Dieser Song kam heute raus!
Heute! (Inzwischen gestern, ich bin mit dem Blogbeitrag nicht fertig geworden!)
Und für mich ist er a) jetzt schon der Song des Jahres und b) spricht er mir textlich komplett aus der Seele!
Ich werde demnächst 42 Jahre alt und es ist mir noch nie in meinem ganzen Leben passiert, dass ich auf der Arbeit an meinem Schreibtisch sitze und feuchte Augen bekomme, weil mich ein Song so mitnimmt! Julian, Alter….. bist Du bescheuert???
Learn how to lose friends
learn how to lose love
learn how to lose yourself.
Learn how to lose it all
learn how to LOSE IT ALL
and HOW TO LOVE YOUR LIFE!
… und wie wahr kann ein Text eigentlich sein?
Und damit meine ich nicht nur diese Zeilen, sondern auch den Rest.
Ich war nie genug und bin´s nach wie vor nicht.
Ich muss nicht aufführen, was genau ich damit meine. Nehmt einfach alles.
Und ich sollte bestenfalls lernen, wie es ist, jeden und alles zu verlieren. Und trotzdem weiter zu leben.
Was ich Euch sagen will, ist: Sprecht! Sprecht über Eure Gefühle, Euer Leid, Eure Zweifel und Ängste! Lieber höre ich Euch nächtelang zu, als an Eurem Grab zu weinen. Holt Euch Hilfe, daran ist nichts verwerfliches, niemand ist schwach oder ein Lappen, weil er zum Psychologen geht, im Gegenteil!
Und wenn jemand von Euch einen Song hat, der Euch zerreißt: Ich freu´ mich über jede Nachricht und jede Empfehlung!
Durchhalten!